Aus dem Ärmel

He, ihr!

Ihr, mit der schönen Schrift, euch meine ich! Ihr kennt das, oder? Wann immer es eine Karte zu schreiben gibt, seid ihr dran. „Würdest du das machen? Du hast so eine schöne Schrift.“ Klar macht ihr das. Ihr könnt es, ihr wollt es, ihr macht es.

Oder diejenigen von euch, die gut im Organisieren sind: „Wer würde denn den Ausflug organisieren? Würdest du? Du machst das immer so gut.“ Klar macht ihr das. Ihr könnt es, ihr wollt es, ihr macht es. Selbstverständlich.

Ich kann gut Theaterstücke schreiben. Und wenn es darum geht, für ein neues Theaterprojekt mal was aufs Papier/auf die Bühne zu bringen, bin ich in meinem Element. Szenen für runde Geburtstage? Die Umsetzung einer Ballade für YouTube? Die Bearbeitung eines verstaubten Stücks? Klar doch! Seht ihr mich streberhaft die Hand heben und schnipsen? Jawohl, schnipsen! Hier, Frau Lehrerin, ich weiß was!

Mir ist bewusst, dass ich mich ab und zu ein wenig aufdränge… so sehr, dass für andere der Eindruck entstehen muss, dass ich jederzeit in der Lage bin, eine Szene aus dem Ärmel zu schütteln. „Schreibst du uns da was? Dir fällt schon was ein.“ Klar schreibe ich. Ich kann es, ich will es, ich schüttle die Ärmel. Manchmal fällt einfach so was raus. Meistens muss ich aber dran ziehen. Und das dauert. Es kostet Zeit und Kraft und Nerven. Und dann bereue ich ein klein wenig, dass ich immer so vorlaut rumschnipse. Derzeit ziehe ich gewaltig an einer Theateridee für eine kleine Produktion im Spätsommer. Und was soll ich sagen: Es ist verkeilt. Die Zeit drängt. Ich bejammere mich. „Oh, würde doch jemandem auffallen, wie hart das ist! Mein Talent ist kein Talent – es ist ein Fluch!“ (Dramatische Verzweiflungsgeste hier gedanklich einfügen)

Genau wie sich die Organisationstalente unter euch manchmal denken: „Warum muss das jetzt eigentlich ausgerechnet ich planen?“ Oder die mit der schönen Schrift nach der x-ten Karte aufstöhnen, die Hand ausschütteln und laut verkünden, dass es auf diesem Planeten wohl noch andere geben muss, die in Schönschrift aufgepasst haben.

Doch nach all den Schmerzen, der Jammerei und den verlorenen Nerven sind wir beim nächsten Mal doch wieder mit dabei. Schnipsen, schreiben, organisieren. Weil wir es können. Und mögen. Aber es ist nicht selbstverständlich.

Deshalb an dieser Stelle: Liebe Schönschreiberinnen, Organisatorinnen, Bäckerinnen, Buchhaltungsratgeberinnen, Korrekturleserinnen* und anderweitig talentierte Menschen in meinem Umfeld – Danke! Und jetzt: Weitermachen! Ich muss dann auch mal – Ärmel schütteln.

* liebe männliche Leser, ihr seid selbstverständlich nicht minder talentiert und der Einfachheit halber hier einfach mitgemeint.

 

 

Balsam

Es gibt Tage, da fühle ich mich so:

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Und so:

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Und immer auch so:

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Tage, an denen es mir schwerfällt, aufzustehen und den hämmernden Schädel mit dem verquollenen Gesicht auf den müden Gliedern in die Arbeit zu schleppen. Und dann – ich gehe gerade träge und wehleidig in Zeitlupe meiner Arbeit nach – kommt eine Frau zu mir in den Laden:

Sie sagt, sie ist extra gekommen, um mir zu mitzuteilen, dass sie meine Kunstwerke ganz toll findet. Dass sie sie letztens bei einer Ausstellung gesehen hat und dass sie meine Figuren wirklich berührt haben.

Diese Frau hat, ohne es zu wissen, noch viel mehr gemacht, als einfach nur ein Kompliment. Nein, sie hat den Kopfschmerz nicht vertrieben, die Glieder nicht wacher und das Gesicht nicht straffer gemacht.

Aber meine kleine, unsichere Künstlerseele glüht vor Freude.

Vielen, herzlichen Dank dafür! Ich werde mir an Ihnen ein Beispiel nehmen.

Geflatter

Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte;

Süße, wohlbekannte Düfte

Streifen ahnungsvoll das Land

Ich bin total einer Meinung mit Eduard Mörike. Alle Jahre wieder. Ich liebe diese Jahreszeit. Wenn die Sonne uns alle aus unseren muffigen Buden holt, die Bäume fast platzen, weil sie so im Saft stehen und die Vögel einem mit lautem Gezwitscher zeigen, was man vermisst hat. Ich liebe den Frühling! Und ich hasse ihn. Weil der Frühling einem sagt, dass alles möglich ist. Und das ist toll UND nicht so toll, für jemanden wie mich, der sich schwertut mit Entscheidungen. Denn zu allem, was möglich ist, möchte ich losbrüllen „jawoll, das machen wir!“ Bis ich dann vor einem Berg von Möglichkeiten stehe und nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Nun gut, ganz doof bin ich nicht. Ich wusste ja, dass mir das hin und wieder passiert. Weil Frühling ja doch öfter vorkommt und mir diese Entscheidungsnot auch sonst nicht fremd ist, habe ich mir eine Strategie zurecht gelegt. Wann immer ich nicht weiß, was ich machen soll, dann zeichne ich. Und zwar nicht irgendwas – denn das würde ja wieder Entscheidungen verlangen – sondern zu einem ganz bestimmten Thema. Und zwar so lange, bis sich die anderen Möglichkeiten entweder erledigt haben, oder unausweichlich geworden sind.

Vergangenes Jahr habe ich Gesichter aufs Papier gebracht. 100 Stück. Dieses Mal sind es Körper. Und weil ich Dinge auch ein bisschen können möchte, habe ich auf dem Flohmarkt ein Zeichenbuch erstanden. Mittlerweile weiß ich auch, warum es da auf dem Flohmarkt rumlag: Es empfielt dir schon in Kapitel 2 ein Aktmodell zu buchen. Na prima. Aktmodelle für spontane Entscheidungsschwächen zu buchen ist… äh… eher irgendwie unpraktisch. Ich stell mir doch keine Nackerten auf Standby in meine Werkstatt. Ha! Obwohl… lassen wir das!

Also hab ich mich mit Zeitungsausschnitten, Werbeanzeigen und (tatsächlich!) Pilatesbüchern beholfen. Es ist mühsam. Und fad. Und wie ich da so rumsitze und eine Frau skizziere, die mit lustlosem  Gesichtsausdruck eine schaukelnde Rolle rollt (ich kann es nicht anders beschreiben), fällt mein Blick auf einen Tonhaufen in meiner Werkstatt, der nach dem Einsumpfen auf seine Weiterverarbeitung wartet. Und, was soll ich sagen: Da sitzt einer!

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Nicht nackert und irgendwie mehr Golem als Mensch – aber doch in deutlicher Pose. Also für mich.

Zack, schon hat mich die Inspiration gepackt. Der Stift kratzt übers Papier, die Finger vergraben sich in der Matsche und Kurzgeschichten über kleine, süße Golems flattern durch mein Gehirn, wie ein blaues Frühlingsband.

 

 

 

Ob der Golem sich aus einer schnellen Idee zu einem handfesten Projekt entwickelt? Ich glaube eher nicht. Schließlich gibt es noch so viele andere Möglichkeiten. So unendlich viele! Und sie alle sind für mich. Der matschige Golemhaufen ist aber trotzdem eine Erwähnung wert.

1 Was ich kann, wenn ich gar nichts kann

Es gibt immer wieder Momente in meinem Leben, da fühle ich mich wie der letzte Depp. Da kann ich nichts. Nichts, was für mich von Belang wäre. Nicht töpfern, nicht schreiben, nicht Theater spielen – generell nicht kreativ sein. Da behandle ich meine Lieben nicht richtig, führe mich auf wie die Axt im Wald und – habe ich es schon erwähnt – bin natürlich fett, unfit und hässlich.

Dann. Immer dann denke ich an einen Satz, den meine Schwester mal zu mir gesagt hat. Es ist schon lange her. 15 Jahre, um genau zu sein (da macht sich mein Elefantengedächtnis mal nützlich). Es war Winter. Wir saßen am Küchentisch, meine sterbende Schwester und ich. Wir sprachen tatsächlich über ihren Tod. Und mittendrin sagt sie einfach so dahin: „Ach, mit dir ist es immer sofort gemütlich“.

Das ist der Satz. Der Satz, den ich mir vorsage, wenn nichts mehr geht. Wenn ich gar nichts kann – mit mir ist es immer sofort gemütlich – das kann ich. Dann weine ich ein wenig (wie jetzt gerade auch) und lasse es wieder aufwärts gehen.P1040379

Für meine Schwester hat dieser Satz gestimmt. Und sie hat ihn nicht gesagt, weil sie wollte, dass ich mich gut fühle. Es war eine einfache Feststellung. Und von der zehre ich.

Natürlich ist es besser (in einem idealen Universum), selbst zu wissen, dass man ein wertvoller Mensch ist, schon klar. Aber manchmal gibt es so Momente, da braucht man so einen Satz. Da muss einem ein anderer zeigen, dass man wertvoll ist. Einem den Spiegel vorhalten und zeigen, dass man schön ist.

Deswegen hier mein Adventskalender. Jeden Tag möchte ich euch Menschen vorstellen, die für andere aus den allerunterschiedlichsten Gründen wertvoll sind. Freunde.

Vielleicht kommt das heuer ein wenig unchristlich und unweihnachtlich daher. Aber hey, Nächstenliebe ist allemal drin.

Nummer 1: Ich hatte eine Freundin, die mir gezeigt hat, was ich kann. Ich hoffe, sie weiß, wie dankbar ich ihr dafür bin. Christine

unerlaubte Abkürzungen

Nicht erst seit „Pumuckl und die Bergtour“ weiß ich: Am Berg nimmt man keine Abkürzungen. Macht man nicht. Das ist gefährlich, man kann sich verlaufen und außerdem trampelt man unnnötig schützenswerte Bergwelt kaputt. Das hat schon seinen Sinn: Bleib auf dem Weg, auch wenn dir deine Kniescheiben um die Ohren fliegen und die Abkürzung soo gefährlich nicht aussieht. Regel ist schließlich Regel. Das war auch immer in Ordnung so.Pumuckl

Bis mich kürzlich jemand als „angepasst und harmoniesüchtig“ bezeichnete. BÄM – das hat gesessen. Der Supergau! Ich und angepasst? Bin ich nicht! Oder? Oder doch? Doch, schon irgendwie.

Ich halte mich an Regeln. Ich kaue mit geschlossenem Mund, ich sage bitte und danke, ich versuche ab 22Uhr draußen nicht mehr herumzubrüllen, ich nehme am Berg keine Abkürzungen. Mein vielleicht einziges großes Revoluzzertum besteht darin, den Buchsbaum verwildern zu lassen, die Fenster nicht zu putzen und mein Auto seltenst zu waschen. (Liest sich eher so, als wäre ich einfach nur faul…)

Wie konnte das passieren? Mir, dem glühenden Pumuckl-Fan? Mir, die ich gerade Künstler und Romanfiguren toll finde, die anecken? Ich muss mir eingestehen: Sperrig zu sein (und ich meine jetzt nicht die Leibesfülle), wird wohl nur einer meiner Träume bleiben. Aber wenn ich länger darüber nachdenke, ist das eigentlich auch ganz gut so. Denn wäre ich in meinem Alltagsleben tatsächlich so anarchisch wie Pumuckl, oder so unverschämt direkt wie meine Lieblingsromanfiguren – dann würde ich mich ziemlich bald nichtmal mehr selbst leiden können. Von anderen ganz zu schweigen. Dann wäre ich nicht anarchisch, sondern arschig und respektlos. Und meiner Meinung nach geht ziemlich vieles in der Welt den Bach runter, weil wir nicht respektvoll miteinander oder mit unserer Umwelt umgehen.

Was also tun? Will ich weiter angepasst sein? Angepasst aber langweilig und eingeschränkt? Oder kann ich doch die ein oder andere Regel brechen, ohne arschig zu sein? Die ein oder andere Abkürzung nehmen? Ist es in den Bergen ohnehin nicht manchmal so, dass man nicht genau weiß, ob das jetzt hier der ausgeschilderte Weg ist, oder doch nur ein ausgelatschter Kuhtrampelpfad?

Wege

Wo geht’s hier lang? (Blaue Lacke am Sulzenauferner in Tirol)

Ich suche. Und falls ich eine Regel gefunden habe, die für mich keinen Sinn ergibt, dann… dann… dann schau ich mal, ob sie sich brechen lässt. Falls ich eine finde. Ich kann ja aus Protest schonmal eine Schachtel Schrauben runterschmeißen. Und ihr könnt mir beim Suchen helfen.

Würde würde – halbe Sachen

„Kennst du das, wenn du das Gefühl hast, zu wenig zu machen?“, frage ich meine Freundin. „DU machst auf gar keinen Fall zu wenig!“, antwortet sie prompt und endgültig.

Aber das ist nicht das, was ich meine. Und ich kann es offensichtlich nicht in einem Satz beschreiben. Also dann eben länger:

Meine Freundin hat Recht. Ich mache viel. Aber nichts davon richtig. Nichts davon mit 100%. Ich teile meine Prozente auf – je nach Auftragslage, je nach Ideenlage, je nach Terminplan.

Und dann kommt es vor, dass ich eigentlich lieber an meinem zweiten Buch arbeiten würde, als Interviews über mein Theaterstück zu geben. Dass ich lieber den ganzen Tag proben würde, als Tassen zu henkeln oder dass ich lieber über Blogbeiträge sinnieren würde, als Kurse vorzubereiten. Die Flüchtlingshilfe, das Theaterprojekt, die Kunst, Unterrichtsvorbereitung, Selbstvermarktung.

Alle diese Dinge haben eigene Welten. Im Internet treffen sich Autoren mit Autoren, BloggerInnen mit BloggerInnen, Kunstlehrerinnen mit Kunstlehrerinnen, Theaterleute mit Theaterleuten und so weiter und so weiter. Im Fernsehen berichten sie von der Buchmesse, auf Kunstblogs vom neuesten heißen Keramikscheiß, in Magazinen von interessanten Theaterprojekten.

Das lässt mich schrumpfen.

Würde ich nur eine Sache machen und nicht so viele,

würde ich diese eine Sache mit voller Kraft angehen,

würde ich dann nicht in dieser einen Sache gut sein?

Wahrscheinlich, jammert mein geschrumpftes Ich und startet gleich durch! Mit dieser einen Sache! Mit dieser einen! Aber moment mal – mit welcher?

Fakt ist, ich kann mich nicht festlegen. Denn sich für eins zu entscheiden hieße auch, sich gegen alle anderen zu entscheiden. Und das bringe ich nicht über mich. So viele Begabungen ich auch haben mag – Entscheidungen zu fällen ist keine davon. Und so bewege ich mich weiter in diesen vielen, verschiedenen, geschlossenen Welten wie ein Alien. Nie ganz dabei und oft nicht den blassesten Schimmer, über was alle reden (was zur Hölle ist eine „Blogtour“? – kann mir das mal einer erklären?), aber immer mit der Hoffnung, dass irgendwas irgendwo schon eine Entscheidung für mich trifft, der ich dann nur noch folgen muss.

„Du weißt, dass das so nicht funktioniert?“, fragt meine Freundin. Ja, ich weiß.

Verweigerung

Gerade hast du das doch noch gekonnt! Ich verstehe das nicht! Es kann doch nicht so schwer sein, sich diese vier Gedichtzeilen zu merken!

Es tut mir weh, das zu schreiben, ehrlich. Ich weiß ja, dass diese Sätze so schrecklich weil so demotivierend sind. Niemand erreicht jemals irgendwas mit solchen Sätzen. Schon gar nicht bei einem Kind, das sich durch die 4. Klasse kämpft. Und doch habe ich diese Sätze zu meinem Kind gesagt. Eben weil die 4. Klasse ein Kampf ist. Für alle. Für die Kinder, die Probe um Probe schreiben, für die Lehrer, deren Handlungsspielraum Grenzen hat – und für die Eltern, die sich von ihrem Bullerbü-Traum verabschieden müssen und kapieren, dass ihre Kinder mit den gleichen Maßstäben gemessen werden, wie Erwachsene. Vor allem von ihnen.

Du kannst alles schaffen, wenn du es wirklich willst – das klingt toll. Nach Freiheit und Gleichheit und Selbstbestimmung. Aber übersetzt heißt das doch auch: Wenn du es nicht schaffst, hast du dich einfach nicht genug angestrengt. Und das klingt mächtig nach Burnout.

Ich will nicht zu (küchen)psychologisch werden (weil ich mich da ja gar nicht auskenne). Ich will nur sagen: Mein Kind und ich haben gekämpft. Es war so anstrengend und ich wundere mich, dass sich mein Kind dieser Anstrengung nicht entzogen hat. Dass es mir nicht das Heft vor die Füße geknallt und geschrien hat: „Lern doch du die wichtigsten Gebirgszüge Deutschlands! Lass mich damit zufrieden – ich scheiß drauf!“ Ich hätte es verstanden, wirklich. Und doch bin ich froh, dass es nicht so gekommen ist.

Ich kenne Kinder, die sich diesem Druck verweigert haben. Die einfach nichts lernen wollten. Und für ihre Mittelfinger-hoch-Haltung muss ich ihnen Respekt zollen. Auch wenn ich weiß, dass die Eltern eine weit härtete Zeit hatten als ich. Respekt also auch an sie. Ich hätte das nicht so durchgestanden.

Mein Kind hat sich nicht geweigert. Ich habe mich nicht geweigert. Aber wenn ich eine Sache aus dem vergangenen Jahr gelernt habe – außer vier Gedichtzeilen und den wichtigsten Gebirgszügen Deutschlands – dann ist es, dass man den Mittelfinger viel öfter in die Luft recken sollte. „Ich weigere mich!“ – schreien Madsen. Und obwohl es in ihrem Lied „Nachtbaden“ um ganz etwas anderes geht, singe ich diese Textzeile den letzten Monaten ziemlich oft.

Ich habe sie gesungen, als ich rund um Ostern (nach dem ganzen Übertrittsgedöns) drei große schwarze Vasen hergestellt habe. Und mit einem lauten „Ich weigere mich!“ Habe ich die Gefäße oben verschlossen. Man kann sie nicht füllen. Sie wollen nicht gefüllt werden. Sie sind einfach so, wie sie sind. Und das muss reichen. Kunstvasen2017

So wie sie sind, sind sie noch bis zum 3. September 2017 bei der Ausstellung der Gruppe Kunst in Kelheim zu sehen.

Meine Vasen sind mein Anfang. Und ich hoffe, ich kann noch zu mehr Mut aufbringen.

Inspiration ohne Konservierungsstoffe

BItte entschuldigt, aber ich muss es einmal so deutlich sagen: Die Muse ist eine verdammte Bitch!

Mit ihr ist es, wie wenn plötzlich – sagen wir, du bist gerade mitten im Alltagstrott zwischen Rumhängen auf Facebook und dringenden Aufträgen, gefrustet und gestresst – dieser Wahnsinnstyp auf dich zukommt. Er sieht gut aus, ist witzig, eloquent und das ganze andere Zeugs, das einer braucht um perfekt zu sein. Er küsst dich, dass dir Hören und Sehen vergeht und absolut alle Sicherungen durchknallen. Und dann ist mit einem Mal alles möglich: Du könntest mit ihm nach Paris ziehen und eine Künstlerkommune aufmachen, du könntest dieses Theaterstück schreiben, dass dir gerade eingefallen ist – und warum eigentlich nicht Holzbildhauer werden? Egal was, er findet alles gut, was du in deine Notizbücher kritzelst. Wenn du gerade keine Zeit hast, weil die Kinder vom Fußballtraining abgeholt werden wollen oder du endlich diesen dringenden Auftrag fertig machen musst, ist er beleidigt. Er fängt an zu quengeln und dich mit blumigen Versprechen zu locken. Manchmal auch mit Käse und gutem Rotwein. Und schließlich gibst du nach, nachts um elf – weil er ja doch ziemlich gut küssen kann. Dann machst du das erstbeste, das dir in den Sinn kommt, das auf die Schnelle möglich ist. Paris ist gerade schlecht und Holz ist auch keins da – also immer ran ans Theaterstück. Erster Akt, zweiter Akt, du schreibst, bis die Finger bluten und der Rotwein leer ist. Ihr habt eine furiose Nacht, die Muse und du. Und dann – oh, ihr ahnt es schon – am nächsten Morgen ist er weg.

Wenn du Glück hast, ist das Theaterstück fertig und auch noch ziemlich gut geworden. Du denkst dir: Scheiß auf die Muse – du hast noch so viele Ideen. Du siehst in deine überquellenden Notizbücher. Skizzen, Gedankenschnipsel, Kassenzettel, die dich zu einem Gedicht inspiriert hätten, wäre de Inspiration denn noch da. Mit der Zeit lernst du, dass die Muse kein Typ ist, mit dem man eine feste Beziehung führen kann. Dass er kommt und geht, wie es ihm passt und dass er nichts zurücklässt, außer einem Haufen Ideen – die keine mehr sind.

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Ich frage mich immer, wie andere das machen. Wie sie ihre Ideen konservieren. Oder tun sie das gar nicht? Ich würde so gerne ein bisschen Muse eintuppern oder so. Einfrieren und wieder auftauen, wenn ich gerade Zeit habe. Gibt es das? Geht sowas? Das würde mir gefallen, glaub ich.

Aber meine Inspiration ist ohne Konservierungsstoffe. Und so bleibt mir bisher nichts anderes übrig, als weiter darauf zu warten – zunehmend genervt und unruhig – dass die Muse wiederkommt. Vielleicht ja irgendwann, wenn ich gerade den Geschirrspüler ausräume. Plötzlich ist er da, dieser Wahnsinnstyp. Ich weiß, er ist ne verdammte Bitch. Aber was soll’s?