Nein, es geht nicht um Gas, nicht um Geld und nicht um Politik. Es geht um ein seltsames Gefühl, das mit Midlife-Crisis beschrieben werden könnte, es aber auf keinen Fall wird, weil das ja hieße man wäre alt und schwach und lächerlich.
Ich bin nicht alt und schwach und vielleicht höchstens ab und zu mal lächerlich. Und trotzdem… ich glaub‘ ich hab die Krise.
Ausgelöst durch den Umstand, dass mein großes Kind mit dem Abitur fertig ist – just in dem Jahr in dem mein Abiturjahrgang sich zum 25.Jubiläum trifft. Für beide Ereignisse brauchte es Vorbereitungen. Wie ich feststellen musste, Vorbereitungen, die sich ähneln. Da ging es um Abistreiche, Abifeiern, Abizeitungen – immer verglichen und abgeglichen mit meinen Erinnerungen. Jeder zweite Satz zu meinem Kind begann mit „also wir hatten ja damals…“, abschließend garniert mit einer Anekdote von vor 25 Jahren. Dass das kein Spaß ist, weiß ich selbst. Denn innerlich kann ich über mein Verhalten nur den Kopf schütteln. Warum mache ich das? Was soll das? Ich klinge wie in der Midlife-Crisis! Bäm, da ist es, das schlimme Wort.
Ein Wort, das auch bei meinem Klassentreffen am vergangenen Wochenende niemand in den Mund nehmen wollte. Wir doch nicht. Wir aber mal wirklich nicht. Wir sind jung und dynamisch und… begannen aber trotzdem jeden zweiten Satz mit „Weißt du noch?“
Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, meine ehemaligen Mitschüler*innen zum Thema „Midlife-Crisis“ auszuquetschen – aber ehrlich, ich hab’s vor lauter Spaß total vergessen. (Ehrlich, es war mir wiedermal ein Fest, Leute!)
„Ist es nicht erstaunlich, dass ich mich nicht an den Titel des Buchs erinnern kann, das ich gerade lese – aber die Theatertexte aus der 12. Klasse noch fehlerfrei herunterzitieren kann?“ – hörte ich mich meine ehemaligen Klassenkamerad*innen fragen. „In dieser Zeit, in diesem Alter wirst du halt geprägt“, kam die Antwort.
Na gut, es gibt auch einige Dinge, an die ich mich lieber nicht erinnern will. Denn eigentlich war mir in dieser Zeit so ziemlich alles peinlich. Also alles. Ich war jung und ignorant und lächerlich. Und – ich hatte die Krise. Das zumindest geht aus dem Artikel hervor, der über mich in meiner alten Abizeitung steht. (Vielen Dank auch, Grasi!)
Kuck an. Hat sich nicht so viel verändert – und doch alles.
Aber was ich eigentlich sagen will:
Damals – vor 25 Jahren, als Chrisu-die-Krise, jung, ignorant, lächerlich – hatte ich eine wirklich gute Zeit.
Warum sollte das jetzt – als Christine-die-Midlife-Crisis, (gar nicht mal so) alt, (gar nicht mal so) schwach, (vielleicht ab und zu) lächerlich – nicht auch so sein?
Was ist, wenn wir uns diese Zeiten in unserem Leben, in denen sich vieles verändert, nur immer schlecht reden, weil wir Angst vor der Lächerlichkeit haben – es aber genau diese schrägen Momente sind, an die wir uns später gerne erinnern? Ich will das mal so sehen wollen.
Denn dann hab ich sie jetzt eben – die Krise! Mit allem, was dazugehört. Yoga, VHS-Kurse und Selbstfindung beim Töpfern. Halt nein, das ist ja mein Beruf…