Hatte ich eigentlich schon immer diese Hängebacken? (Die einen, wie die anderen) Der Schock sitzt ganz schön tief, wenn man die ersten Alterserscheinungen an sich entdeckt. „Es geht Abwärts! Ich mach mich schon mal locker!“, grölt mir meine Haut entgegen. Nur die ganz oben nicht. Meine Kopfhaut übt sich nämlich unterdessen darin, möglichst viele, möglichst schneeweiße störrische Haare zu produzieren. Und ich schwöre, wenn der Arzt, den ich wegen dieser Zipperlein im Rücken ab und zu aufsuche, noch einmal sagt „Mei, Sie werden halt auch nicht jünger“ dann kann der mal miterleben, wieviel Energie zum Demolieren von Praxiseinrichtungen so ein altes Weiblein wie ich noch aufbringen kann. Nein. Ich bin eitel. Ich finde den Verfall meines Körpers gar nicht schön.

Noch habe ich keine Figur in den Flecken an der Wand entdeckt. Aber ich kann mir das noch lange lange ansehen und rumträumen.
Was ich dagegen ganz wunderbar finde sind alte, verfallene Häuser. Bahnhöfe haben mir es da besonders angetan. Aber auch Industrieanlagen, Schulen und kleine, schnuckelige Jurahäuser. Orte, die einem ihre Geschichte förmlich entgegenwispern. Und wenn sie nicht ganz so vor Geschichte strotzen, kann man sich problemlos eine ausdenken. Man sieht Menschen umherflanieren, arbeiten, sich verstecken. Eine komplette kleine Fantasy-Welt kann da entstehen. Oder ich stelle mir vor, was man in diesen Räumen alles machen könnte. (Ein Theaterstück oder eine Kunstperformance sind bereits Standard). Ich sehe Plakate, Ausstellungseinladungen und die handgeschriebene Speisekarte eines kleinen Cafes. Klingt viel zu romantisch? Na und? Es sind ja nur Träumereien.
Genau so wie ich davon träume, dass die Haut an meinen Oberarmen keine segelähnlichen Lappen mehr hat und dass diese senkrechte Falte zwischen meinen Augenbrauen verschwindet.
Bei Häusern könnte man diese Träume sogar umsetzen. Die saniert man für viel Geld und lässt sie in altem Glanz erstrahlen. Was den Körper angeht, kann man meiner Meinung nach auch für viel Geld dran rumsanieren – den Glanz der Jugend bekommt man damit aber nicht zurück. Ein Blick auf würdelos rumalternde Schauspieler genügt. Allerdings muss ich dazu sagen: Sind die Häuser erst einmal saniert, haben sie auch viel von diesem romantischen und morbiden Charme verloren.
Vielleicht ist da ja meine Rettung, meine Ausrede. Ich berufe mich auf meinen morbiden Charme. „Ich bin nicht alt, ich habe Geschichte.“ Wobei – naaa.