Erben der Macht – Narben und Namen

Ich versuche nicht tiefzustapeln, okay?

Jeden Tag mindestens einen Satz. Mal sehen, ob du durchhältst. Was vor mehr als drei Jahren als Fastenvorsatz begonnen hat, hat jetzt eine Ebene erreicht, die mir die Handflächen kribbeln lässt. Ich habe ein Buch geschrieben und man kann es kaufen.Deckb

Ja, es ist ein eBook. Ja, es ist „selbstverlegt“. Ja, ich kenne alle Bedenken in diesem Zusammenhang – ich habe sie selbst. Aber das macht mir ausnahmsweise gar nichts aus.

Denn ich habe diese Geschichte zuerst nur für mich geschrieben. Einen Roman, der mir gefallen könnte: Liebe, Verrat, leidende Männer, starke Frauen – sowas eben. Und als meine beste Freundin sich bereiterklärt hat die Kapitel gegenzulesen, habe ich auch geschrieben, was ihr gefallen könnte: Liebe, Verrat, leidende Männer, starke Frauen – sowas eben. Ich musste außerdem feststellen: Ich mag viele Kommata, möglichst überall – sie nicht. Als das Buch dann endlich, endlich fertig war (und zumindest 80% der überflüssigen Satzzeichen beseitigt), fand ich es schade, drei Jahre Arbeit einfach so als Dateileiche auf meinem Rechner einzulagern.

Der Plan war also, den Roman auf meinen Blog zu stellen. Glücklicherweise (und in diesem Fall ist es tatsächlich ein Glück) kenne ich mich mit Dateiformaten, Speichermöglichkeiten, Links und Clouds nicht so übermäßig gut aus. Ich musste mich durchfragen, bei Leuten die sich auskennen. Dann ging alles ziemlich schnell. Ein Hinweis, ein Link – schon war ich im Reich der „Selbstverleger“.

eBook? Selbstverlag?  – Eine Möglichkeit. Aber ich weiß nicht …

„Dir mangelt es entweder an Geschäftssinn oder an Mut“, analysierte mich meine Freundin treffend wie immer.

Na gut. Dann eben Augen zu und durch. Hier ist es. Ich würde mich freuen, wenn ihr es lest. Und noch mehr würde ich mich freuen, wenn es euch gefällt.

Und weil in einem Buch, das man nur für sich selbst und die beste Freundin schreibt, logischerweise die Danksagungen fehlen – hier noch kurz:

Du liebe, wunderbare Freundin! Ich, entschuldige, mich, für, jedes, einzelne, überflüssige, Komma. Und ich bewundere dein Durchhaltevermögen und deine Bereitschaft, mein „Geschreibsel“ zu lesen. Du verpackst deine Kritik so, dass ich nicht den Mut verliere – und das ist weiß Gott ein Kunststück. Danke.

Inspiration ohne Konservierungsstoffe

BItte entschuldigt, aber ich muss es einmal so deutlich sagen: Die Muse ist eine verdammte Bitch!

Mit ihr ist es, wie wenn plötzlich – sagen wir, du bist gerade mitten im Alltagstrott zwischen Rumhängen auf Facebook und dringenden Aufträgen, gefrustet und gestresst – dieser Wahnsinnstyp auf dich zukommt. Er sieht gut aus, ist witzig, eloquent und das ganze andere Zeugs, das einer braucht um perfekt zu sein. Er küsst dich, dass dir Hören und Sehen vergeht und absolut alle Sicherungen durchknallen. Und dann ist mit einem Mal alles möglich: Du könntest mit ihm nach Paris ziehen und eine Künstlerkommune aufmachen, du könntest dieses Theaterstück schreiben, dass dir gerade eingefallen ist – und warum eigentlich nicht Holzbildhauer werden? Egal was, er findet alles gut, was du in deine Notizbücher kritzelst. Wenn du gerade keine Zeit hast, weil die Kinder vom Fußballtraining abgeholt werden wollen oder du endlich diesen dringenden Auftrag fertig machen musst, ist er beleidigt. Er fängt an zu quengeln und dich mit blumigen Versprechen zu locken. Manchmal auch mit Käse und gutem Rotwein. Und schließlich gibst du nach, nachts um elf – weil er ja doch ziemlich gut küssen kann. Dann machst du das erstbeste, das dir in den Sinn kommt, das auf die Schnelle möglich ist. Paris ist gerade schlecht und Holz ist auch keins da – also immer ran ans Theaterstück. Erster Akt, zweiter Akt, du schreibst, bis die Finger bluten und der Rotwein leer ist. Ihr habt eine furiose Nacht, die Muse und du. Und dann – oh, ihr ahnt es schon – am nächsten Morgen ist er weg.

Wenn du Glück hast, ist das Theaterstück fertig und auch noch ziemlich gut geworden. Du denkst dir: Scheiß auf die Muse – du hast noch so viele Ideen. Du siehst in deine überquellenden Notizbücher. Skizzen, Gedankenschnipsel, Kassenzettel, die dich zu einem Gedicht inspiriert hätten, wäre de Inspiration denn noch da. Mit der Zeit lernst du, dass die Muse kein Typ ist, mit dem man eine feste Beziehung führen kann. Dass er kommt und geht, wie es ihm passt und dass er nichts zurücklässt, außer einem Haufen Ideen – die keine mehr sind.

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Ich frage mich immer, wie andere das machen. Wie sie ihre Ideen konservieren. Oder tun sie das gar nicht? Ich würde so gerne ein bisschen Muse eintuppern oder so. Einfrieren und wieder auftauen, wenn ich gerade Zeit habe. Gibt es das? Geht sowas? Das würde mir gefallen, glaub ich.

Aber meine Inspiration ist ohne Konservierungsstoffe. Und so bleibt mir bisher nichts anderes übrig, als weiter darauf zu warten – zunehmend genervt und unruhig – dass die Muse wiederkommt. Vielleicht ja irgendwann, wenn ich gerade den Geschirrspüler ausräume. Plötzlich ist er da, dieser Wahnsinnstyp. Ich weiß, er ist ne verdammte Bitch. Aber was soll’s?

Nackt in der Fußgängerzone

„Sie wissen dann schon, dass ich Sie kenne, wenn ich das gelesen habe.“, hat mich mein Deutschlehrer vor langen, langen Jahren einmal vorgewarnt. Ich hatte ihm angeboten, als Facharbeit eine eigene Kurzgeschichte zu schreiben. Inklusive Interpretation – was zugegebenermaßen ziemlich seltsam ist. Ich zuckte damals nur mit meinen Schultern. Was auch immer er mir damit hatte sagen wollen – ich habe es erst Jahre später kapiert.
Seitdem weiß ich auch, dass er mir mitteilen wollte: „Zeige mir, was du schreibst und ich sage dir, wer du bist.“ (Hätte er es so gesagt, hätte ich die Kurzgeschichte vielleicht doch nicht… ach was! Ich hätte sie trotzdem geschrieben und abgegeben.)
Doch obwohl ich mich damals nicht darum gekümmert habe (in meinem jugendlichen Leichtsinn), hat mich diese kleine Warnung seither immer begleitet.
Und sie ist zwischenzeitlich sogar gewachsen. Ist mutiert zu einem: „Zeig her, was du schreibst und jeder noch so fremde Mensch, jeder – auch wenn er oder sie noch nie eine Kurzgeschichte interpretieren musste – jederjederjeder kann dir tief in deine Seele blicken, erkennen, was dich umtreibt, deine geheimsten Plätze besuchen. Und dann bist du völlig schutzlos.“
Klingt gruselig? Ist es auch.
Klingt nach: Nackt sein, im Winter, in einer Fußgängerzone voller Menschen und dabei nen ekligen Popel im Gesicht haben.
Ganz ganz lange Zeit hat mich genau diese Vorstellung davon abgehalten, groß herumzuposaunen, dass ich in meiner Freizeit gerne Geschichten schreibe. Das wusste nur mein engster Umkreis. Manche meiner „Werke“ durften einige meiner Freunde sogar lesen (nachdem ich vorher klargestellt hatte, dass ich keinerlei Kritik vertrage). Aber der Großteil der Geschichten wanderte in die Schublade oder vergammelte für immer vergessen als Dateileiche auf dem Rechner.
Doch nach Jahren meiner selbst auferlegten Schüchternheit in dieser Sache, hat sich – es war nicht anders zu erwarten – meine extrovertierte, laute Seite Gehör verschafft.
Und so ist eine meiner Geschichten auf diesem Blog gelandet.
Es hat mich Überwindung gekostet, denn die Warnung meines Lehrers hatte ich immer noch im Ohr. Dabei ist sie falsch!
Wer kennt schon die wahre Natur der Autoren seiner Lieblingsbücher? Wer schließt schon vom Inhalt des Liebesromans oder des Krimis auf die Charaktereigenschaften der Schriftsteller? Ist doch alles Käse. Deutschlehrerinterpretationskäse.
Ich will damit sagen: Viel Spaß beim Lesen meiner Geschichte hier auf diesem Blog. Es ist keine große Literatur – nur ein Zeitvertreib. Und solltet ihr glauben zu wissen, wer ich bin oder sein könnte – sagt es mir nicht. Manchmal ist es besser, nicht zu wissen, dass da ein ekliger Popel hängt.